12.6.2025, 17 Uhr

Gebaute Filmwelten – Das Götz-Heymann-Archiv ist erschlossen und digitalisiert

Götz Heymann bei der Einrichtung des Vorsatzmodells „Berghof“ für den Film
„Goebbels und Geduldig“ (2001) (Foto: Götz Heymann)

Szenenbildentwurf von Götz Heymann für „Die Sturzflieger“ (1995)

Der am 4. Mai verstorbene Filmarchitekt Götz Heymann (1935–2025) galt seit den 1960er Jahren als einer der vielseitigsten und versiertesten Vertreter seiner Zunft. Ausgewählte Exponate seines vollständig erschlossenen und im Lesesaal einsehbaren Archivs stehen einer interessierten Öffentlichkeit nunmehr auch in digitalisierter Form zur Verfügung.

Angesprochen auf die Entstehung seines künstlerischen Werks, bemerkte der Szenenbildner Götz Heymann einmal, man sehe die Ergebnisse wohl am besten auf der Leinwand oder dem Fernsehschirm. Die Arbeit dahinter sei vor allem Handwerk, das es zu beherrschen gelte. Stilistische Genauigkeit und technische Präzision seien in der szenischen Ausgestaltung nicht weniger relevant wie der kreative Einfall. In welcher Weise sich künstlerische Phantasie und handwerkliches Können in seinem Werk vereinen, davon zeugen zahlreiche Entwürfe, Skizzen, Bauzeichnungen, Motivfotos und Planungsunterlagen, die Heymann seit 2016 kontinuierlich dem Archiv der Akademie der Künste übergeben hat.

1955 von Boleslaw Barlog an das Berliner Schillertheater engagiert, konnte Heymann künstlerische Erfahrungen dort zunächst als Atelierassistent in der Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Hans Lietzau und Fritz Kortner sammeln. Daneben führten ihn Aufträge als freischaffender Bühnenbildner an verschiedene West-Berliner Theater, bevor er 1963 auf Einladung des renommierten Filmarchitekten Emil Hasler (Der blaue Engel, M, Münchhausen) zum aufstrebendem Medium Fernsehen wechselte. Beim Sender Freies Berlin zunächst in den Programmbereichen Unterhaltung und Kinderfernsehen eingesetzt, konnte Heymann zwei Jahre später bei der deutsch-polnisch-französischen Gemeinschaftsproduktion Der Augenblick des Friedens des Brecht-Schülers Egon Monk erstmals die Gesamtausstattung eines Spielfilms verantworten.

In den folgenden Jahren entstanden unter seiner Ausstattungsleitung eine Reihe künstlerisch anspruchsvoller Kino- und Fernsehproduktionen, darunter Johannes Schaafs aufrüttelnde Gesellschaftsstudie Tätowierung (1967), Helma Sanders-Brahms eigenwillige Kleist-Biografie Heinrich (1976) oder Eberhard Fechners Fernseh-Mehrteiler Ein Kapitel für sich (1979) nach den Romanen von Walter Kempowski. Auch für das Road-Movie Theo, gegen den Rest der Welt, das mit Marius Müller-Westernhagen in der Titelrolle zur erfolgreichsten deutsche Kinoproduktion der Saison 1980/81 avancierte, lieferte Heymann die szenische Gestaltung, wobei die Dreharbeiten nicht weniger turbulent verliefen wie die Abenteuer des Protagonisten im Film selbst. Weitere herausragende Arbeiten jener Jahre waren die zum Teil kontrovers diskutierten Produktionen Deutschland, bleiche Mutter (1980, Helma Sanders-Brahms), Eine Liebe in Deutschland (1983, Andrzej Wajda) und Die Reise (1986, Markus Imhoof), die sich in ganz unterschiedlicher Weise der Aufarbeitung deutscher Zeitgeschichte widmeten und zu denen Heymann gleichermaßen einprägsame wie authentische Szenenbilder beisteuerte.

Die in seinem Archiv überlieferten Planungsunterlagen verdeutlichen anschaulich den Aufwand, mit dem Heymann den von ihm betreuten Filmen einen glaubhaften Look zu geben verstand, sei es in historischen Ausstattungsfilmen, rasanten Actionthrillern oder der düsteren Zukunftsutopien. Sein Gespür für detailgenaue, zeithistorische Visualisierungen bewies er auch bei seinen späteren Arbeiten, die vornehmlich als Fernsehproduktionen entstanden, etwa Tom Toelles eindringliche Fallada-Adaption Der Trinker (1995), Frank Beyers Zuckmayer-Verfilmung Der Hauptmann von Köpenick (1997), beide Male mit Harald Juhnke in den Titelrollen, oder der starbesetzten NS-Satire Goebbels und Geduldig aus dem Jahr 2001.

Für die opulente Ausstattung der mehrfach preisgekrönten Joseph-Roth-Verfilmung Das Spinnennetz unter der Regie von Bernhard Wicki erhielt Heymann 1989 den Deutschen Filmpreis in Gold. Auch zahlreichen „Schimanski-Tatorten" mit Götz George und Polizeiruf-Folgen mit Jaecki Schwarz verlieh er ein authentisches Setting, wobei das treffend von ihm eingefangene Lokalkolorit nicht unwesentlich zur Popularität der Reihen beitrug. Als größten künstlerischen Misserfolg seiner Karriere betrachtete Heymann die Weltraum-Komödie Die Sturzflieger (1995), bei der viele der von ihm entworfenen Szenenbildner aufgrund sich stets verringernder Finanzmittel nicht zur Umsetzung gelangten. Wie der Film nach seinem Willen hätte aussehen sollen, davon zeugen die in seinem Archiv aufbewahrten Entwürfe, die nunmehr digitalisiert vorliegen und einen interessanten Einblick in den kreativen Schaffensprozess eines Szenenbildners liefern. Das Filmarchiv bereitet derzeit eine Publikation über das Wirken von Götz Heymann vor.

Ansprechpartner: Nicky Rittmeyer (Archiv Film und Medien)