5.10.2022, 12 Uhr

Akademie der Künste trauert um Wolfgang Kohlhaase (1931–2022)

Der Drehbuchautor, Regisseur und Schriftsteller Wolfgang Kohlhaase, geboren 1931 in Berlin, ist heute, am 5. Oktober 2022, ebenda gestorben. Er war seit 1972 Mitglied der Akademie der Künste.

Immer wieder wählte er seine Geburtsstadt Berlin zum Ausgangspunkt seiner Geschichten. In den ersten filmischen Arbeiten, wie Alarm im Zirkus (1954) und dem legendären Berlin – Ecke Schönhauser (1957), zusammen mit dem Regisseur Gerhard Klein, ist es die geteilte Stadt, in Solo Sunny (1979) gelingt ihm eine ebenso liebevolle wie genaue Milieuschilderung. Mit dem Regisseur Konrad Wolf verband ihn noch ein weiteres Grundthema, der Zweite Weltkrieg und die Rolle des Einzelnen darin. Mit ihm realisierte er Ich war neunzehn (1967) und Mama, ich lebe (1977). Nach dem Ende der DEFA gelang es Wolfgang Kohlhaase nahtlos weiterzuarbeiten. Regisseure wie Andreas Dresen und Matti Geschonneck wussten die Feinheiten seiner Drehbücher umzusetzen. Kohlhaases Werk umfasst eine Zeitspanne von fast 60 Jahren und wurde vielfach ausgezeichnet. Er war bis zuletzt auf Lesereise mit seinem Buch Um die Ecke in die Welt: Über Filme und Freunde.

Thomas Heise, Direktor der Sektion Film- und Medienkunst:

„Denken ist wie Licht“, hat er gesagt, es geht in jede Richtung. Und: „Ich wollte immer meine Kindheit verstehen und das Leben meiner Eltern. Und ich wollte vor die Haustür treten und gucken: Was ist denn so los?" So einfach und klar. Er hat also aus der Tür gesehen und ist hinausgegangen in die Stadt und um alle ihre Ecken und hat genau hingeschaut und zugehört, immer neugierig, und sein ganzes Leben lang.
Die Kindheit im Nationalsozialismus, dem daraus erwachsenen Weltkrieg, seine Trümmer und die Zeit danach haben ihn geprägt. Wolfgang Kohlhaase war ein Arbeiterkind, geboren 1931. Und er ist es geblieben. Ein Junge, dann junger Mann, irgendwo in Berlin. Er hat früh gelesen und wie ein Irrer, und er wollte selbst erzählen von dem, was er sah, erfuhr und erfand und meistens gar nicht war, wie es schien. Es gelang ihm scheinbar leichtfüßig, lapidar und dicht, sozial genau.
Er wird uns sehr fehlen. Aber: „Die wirklich guten Filme hören mit dem letzten Bild nicht auf.“

Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.

Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste