17.9.2020, 14 Uhr

Käthe-Kollwitz-Preis 2021 der Akademie der Künste geht an Maria Eichhorn

Maria Eichhorn erhält den mit 12.000 Euro dotierten Käthe-Kollwitz-Preis 2021. Die Jury, bestehend aus den Akademie-Mitgliedern Richard Deacon, Bjørn Melhus und Adrian Piper, hebt besonders hervor, dass die Künstlerin „seit nunmehr 30 Jahren mit ihren Arbeiten und Forschungsprojekten kontinuierlich das Betriebssystem für die Künste an der Schnittstelle zu Geschichte, Politik und Gesellschaft kritisch“ hinterfragt. Diese Form eines politischen Agierens gleiche dem einer Aktivistin, die vor allem einer jüngeren Künstler*innengeneration als Vorbild dient, so die Jury. Ihr Werk widmet Eichhorn der künstlerischen Verwandlung und wirksamen Offenlegung von Kategorien wie Kapital, Eigentum, Restitution, die sie dem Publikum in äußert konzentrierten und reduzierten Präsentationen vorstellt.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist Maria Eichhorn insbesondere mit ihren Beiträgen für die Documenta11 (Maria Eichhorn Aktiengesellschaft, Kassel, 2002) und die documenta 14 (Kassel / Athen, 2017) in die Öffentlichkeit getreten. Seit der Realisierung von Ausstellungsprojekten wie In den Zelten… (2015) im Haus der Kulturen der Welt, Berlin, oder Restitutionspolitik / Politics of Restitution (2003) im Lenbachhaus und Kunstbau München beschäftigt sie sich immer wieder mit ungeklärten Besitzverhältnissen von Kunstwerken, Immobilien, Grundstücken, Bibliotheken, etc., die in der NS-Zeit jüdischen Eigentümerinnen und Eigentümern in Deutschland und in den damals besetzten Ländern entwendet wurden. Der wiederentdeckte Gurlitt-Nachlass bot Eichhorn Anknüpfungspunkte für ein weiteres Projekt: Als künstlerischen Beitrag für die documenta 14 im Jahr 2017 gründete sie das interdisziplinär ausgerichtete Rose Valland Institut mit dem konkreten Ziel, über Nachwirkungen der Enteignung der jüdischen Bevölkerung Europas durch die Nationalsozialisten zu forschen. Ähnlich wie Walter Benjamin versteht sie Geschichte als nie endend, sie ereigne sich gewissermaßen in der Zukunft. In diesem Sinne höre Geschichte nicht auf, sich auf Narrative der Vergangenheit zu beziehen und diese zu aktualisieren oder zu regenerieren, auch Uneindeutigkeiten und Widersprüche zu produzieren.

Die Termine für Preisverleihung und Künstleringespräch werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Maria Eichhorn (geb. 1962 in Bamberg) lebt in Berlin. Sie studierte zwischen 1984 und 1990 an der Hochschule der Künste Berlin (heute Universität der Künste) bei Karl Horst Hödicke; bereits seit 1986 waren ihre Werke in Ausstellungen zu sehen. Seit 1999 lehrt sie als Professorin, zunächst als Gastprofessorin am California Institute of the Arts in Valencia, dann seit 2003 an der Zürcher Hochschule der Künste. Maria Eichhorn nahm neben ihren documenta-Mitwirkungen 2002 in Kassel und 2017 in Athen und Kassel mehrmals an der Biennale in Venedig (1993, 2001, 2015), der Istanbul Biennale (1995, 2005) sowie weiteren Biennalen weltweit teil und stellte in zahlreichen Museen im In- und Ausland aus. Ihre letzte umfangreiche Werkschau war 2018–2019 im Migros Museum in Zürich unter dem Titel Zwölf Arbeiten / Twelve Works (1988–2018) zu sehen. Die Künstlerin wurde unter anderem mit dem George Maciunas Preis (1992), dem Arnold Bode Preis der Stadt Kassel (2002) und dem Paolo Bozzi Prize for Ontology der Universität Turin (2018) ausgezeichnet.

Der Käthe-Kollwitz-Preis wird seit 1960 jährlich an eine bildende Künstlerin oder einen bildenden Künstler vergeben. Preisträgerinnen und Preisträger der letzten Jahre waren u. a. Timm Ulrichs (2020), Hito Steyerl (2019), Adrian Piper (2018) und Katharina Sieverding (2017).

Anlässlich des 60-jährigen Bestehens präsentiert die Akademie der Künste unter www.adk.de/kaethe-kollwitz-preis zu allen 59 Preisträgerinnen und Preisträgern Porträtfotografien, Biografien, Kurztexte zum Werk, Laudationes, Jurybegründungen sowie Werk- und / oder Veranstaltungsfotografien.

Der Preis und der Katalog werden seit 1992 mitfinanziert von der Kreissparkasse Köln, Trägerin des Käthe Kollwitz Museum Köln.